Was hat Mais mit Kaffee zu tun?
Ein Blick über den Tassenrand hinaus – nach Mexiko
oder
Was hat Mais mit Kaffee zu tun?
Mais – Kulturpflanze, Kulturgut, Grundlage der Zivilisation
Mexiko ist die Wiege des Mais. Über 60 einheimische Sorten und unzählige lokale Varietäten, teils mit leuchtend roten, schwarzen oder blauen Körnern, wachsen dort seit Jahrtausenden. Mais ist nicht nur ein Grundnahrungsmittel – er ist Mythos, Geschichte, Identität.
Aber wie bei Kaffee erleben wir auch bei Mais ein System, das Effizienz und Profit über Nachhaltigkeit und Kultur stellt.
NAFTA & der langjährige Kampf Mexikos gegen das Maismonopol
Mit NAFTA (später USMCA) öffnete Mexiko seine Märkte – und damit Tür und Tor für billig produzierten, hochsubventionierten Mais aus den USA. Großfarmer (oder eher Großagrarunternehmer) bauen dort Mais in gigantischen Monokulturen an, oft gentechnisch verändert, maschinell geerntet, chemisch gespritzt und gedüngt – und dank Milliarden an Subventionen zu Preisen weit unter Produktionskosten.
Mexikanische Kleinbauern konnten da nicht mithalten. Innerhalb weniger Jahre brachen lokale Preise ein, Millionen Kleinbauern verloren ihre Existenz. Ganze Regionen verarmten, viele Menschen wanderten ab – in die Städte oder direkt über die Grenze in die USA.
Gleichzeitig drohte eine zweite Gefahr: der Verlust der genetischen Vielfalt. Mit dem importierten Genmais kam das Risiko der unkontrollierten Kreuzung. Jahrtausende alte Sorten standen plötzlich neben patentiertem Saatgut von Konzernen wie z.B. Monsanto. Wer versehentlich genetisch „verunreinigten“ Mais anbaute, konnte sogar verklagt werden.
Doch Mexiko wehrt sich. Bewegungen wie „Sin Maíz No Hay País“ (Ohne Mais kein Land) kämpfen gegen den Verlust ihrer Kultur und Unabhängigkeit. Es entstanden Saatgutbanken, bäuerliche Netzwerke, Demonstrationen, Gesetze. Mehrfach sprach sich Mexiko für ein Verbot von Genmais aus – sowohl beim Import als auch beim Anbau.
Und dann kam 2024… Im Rahmen des aktualisierten Handelsabkommens USMCA verklagte die US-Regierung Mexiko, weil es den Import von gentechnisch verändertem Mais einschränken wollte.
Ende 2024 entschied ein Schiedsgericht zugunsten der USA. Die Begründung: Mexikos Importverbot verstoße gegen Handelsregeln und sei wissenschaftlich nicht ausreichend belegt. Mexiko musste das Importverbot im Februar 2025 offiziell aufheben, um extrem hohe Strafzölle zu vermeiden.
Doch zugleich verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das den Anbau von Genmais in Mexiko dauerhaft verbietet, um die eigenen Sorten wenigstens auf den Feldern zu schützen.
Parallelen zum Kaffeemarkt
Und genau hier liegen die Verbindungen zum Kaffee:
- Weniger Vielfalt, weil sich nur noch wenige Sorten wirtschaftlich lohnen
- Patente auf Saatgut, die Kleinbauern abhängig machen.
- Wettbewerb verzerrt durch Subventionen, Großkonzerne verdrängen leinproduzenten
- Monokulturen statt Mischkultur
- Maschinen statt Menschen
- Export vor Eigenversorgung.
Was mit Mais passiert ist, geschieht gerade auch mit Kaffee. Speziell Mexiko, Guatemala, Peru, Länder die sowohl Mais als auch Kaffee anbauen, stehen an einem Wendepunkt. Allerdings trifft diese Problematik auch alle anderen Kaffee anbauende Länder. Kleinbauern, die früher eigenständig wirtschafteten, werden in globale Lieferketten gezwungen. Was zählt, ist der Ertrag pro Hektar – nicht der Erhalt von Biodiversität, regionalem Wissen oder sozialer Strukturen.
Wer entscheidet künftig, was angebaut wird, wie es angebaut wird – und von wem? Wir können direkt mit unserem Kaufverhalten darauf Einfluss nehmen.
Was tun wir im Röstorium?
- Keine Uniformität, Ja zur Vielfalt 🙂
- Direct Trade statt Börse, wobei die Börsenkurse zum Teil auch unsere Preise beeinflussen
- Kleinbauern statt Agrarkonzerne
- Mischkultur statt Monokultur
- Wissen statt Werbung
Und ja, das ist ein bisschen teurer. Aber wie Ruskin schon sagte:
„Wenn Sie zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles.“
Es geht nicht nur um den Preis – sondern viel wichtiger, was ist es mir wert, also konkret um Wertschätzung – auch für die nächsten Generationen.
Fröhliche Grüße
Detlef
Dr. Kaffees Röstorium
Foto: Adobe Stock/Sidneydealmeida